In unserer Gesellschaft ist Individualismus ein hoher Wert. Du bist die Heldin Deiner eigenen Geschichte; sie spielt sich unabhängig von anderen, unabhängig von denen, die vor Dir hier waren, unabhängig von allen, die auf der anderen Seite der Welt existieren, ab.
Und doch gerät diese Sicht auf das eigene Selbst immer mehr ins Wanken. Langsam aber sicher bewegen auch wir uns wieder in Richtung einer Sichtweise, die indigene Völker und Schamanen über die Jahrhunderte für uns bewahrt haben und auf die wir nun glücklicherweise zurückgreifen dürfen. Meine Vermutung, warum wir uns wieder auf diese Sicht zubewegen ist, dass immer mehr von uns merken, dass wir mit unserem allein auf uns – und vielleicht noch unser direktes Umfeld – gerichteten Handeln in der Welt nicht mehr weiterkommen. Um die großen Fragen unserer Zeit befriedigend zu beantworten, um Einsamkeit, mangelnder Geborgenheit und Angst – sowie ihren bedrohlichen Auswirkungen wie beispielsweise Hass, systematischer Unterdrückung von Rassen und ganzen Spezies, Krieg und die Zerstörung des Planeten Erde – entgegenzutreten, brauchen wir einen anderen, einen neuen und zugleich alten, Ansatz.
Wir müssen verstehen, dass es keine „Anderen“ gibt. Kein Lebewesen, dessen Schicksal uns nichts angeht. Der Schlüssel zu dieser Erkenntnis liegt nicht in unserem so überbetonten Verstand, sondern in unserem Herzen. Das Herz weiß ganz genau, was richtig ist und was nicht. Es kennt den Weg hin zu Verbindung und weg von der suggerierten Trennung zwischen fühlenden Wesen, die nicht mehr ist als eine Illusion. Eine Illusion, die der Mensch meiner Meinung nach geschaffen hat, um seine Erhöhung gegenüber allem anderen Leben auf dieser Welt zu rechtfertigen.
Tatsächlich gibt es auf dieser Welt kein Lebewesen, das Dich nichts angeht. Vor einigen Jahren hatte ich bei einer Meditation eine machtvolle Erkenntnis: Der Mensch steht keinesfalls an der Spitze von irgendeiner Hierarchie auf Erden. Es war Frühsommer, ich saß in Thalkirchen in einer ungemähten Wiese unter einem Lindenbaum. Um mich herum schwirrte, summte, zwitscherte, surrte, raschelte und fiepte es. Ich hörte die Euphonie des Lebens. Innerhalb einer explosiven Millisekunde verstand mein Herz die „Kette“, an deren Spitze der Mensch sich so gern stellt. Und seither weiß ich: Wir Menschen – und Du und ich – hängen wie ein Baby an der Brust der Mutter Erde. In unendlicher Güte und Stärke sind es die Pflanzen, die in jedem Zyklus der Jahreszeiten aufs Neue einfach darbieten, was sie zu geben haben. Ohne diese großzügige Darbietung keine menschlichen und nichtmenschlichen Tiere. Ganz einfach. Nicht wir Menschen sind es, die so viel zum Leben auf unserem Planeten beitragen, sondern wir sind Teil eines riesigen Organismus aus hingebungsvoller Güte. Und davon hängen wir so sehr ab, dass ich uns nach dieser Erkenntnis nie mehr als Spitze von irgendetwas sehen konnte. Der Mensch darf sich dankbar vor all dem verneigen, was er tagtäglich geschenkt bekommt. Es ist ein Akt der Liebe, dem wir unser Dasein auf diesem Planeten verdanken.
Wir Menschen sind auf dem falschen Weg, wenn wir undankbar und unreflektiert nehmen und ausbeuten. Nach all der Liebe, Fürsorge und Großzügigkeit, die wir von der Welt erfahren, ist es unsere Aufgabe, sie zu schützen. Ob wir diese Aufgabe endlich annehmen, weil die Wissenschaft uns vor Augen hält, dass wir aussterben werden, wenn wir so weitermachen, oder weil wir an einen Gott glauben, dessen Gaben wir schützen wollen, oder weil unser Herz einfach verstanden hat, wie demütig und dankbar wir angesichts all dessen sein dürfen, was uns jeden Tag geschenkt wird, ist mir ehrlich gesagt völlig egal. Hauptsache, wir nehmen die Aufgabe endlich an! Fange jetzt an: Suche Dir eine ehrenamtliche Aufgabe, mit der Du zum Schutz des Lebens auf diesem Planeten beiträgst. Ändere bequeme Gewohnheiten, die zur Zerstörung der Welt beitragen. Wähle eine gemeinnützige Organisation, die unsere Erde schützt, und richte einen regelmäßigen Spendenbetrag ein. Tu etwas. Du tust es nicht nur für die „Anderen“, sondern gleichermaßen für Dich selbst.
P.S.: Dieser Blogeintrag war überhaupt nicht als kitschig-leidenschaftliche Handlungsaufforderung geplant. Dennoch ist genau das aus meinem Herzen direkt aufs digitale Papier geflossen. Deshalb darf genau das nun hier stehen und inspirieren.